Vertriebenenverbände und Landsmannschaften waren zum Neujahrsgespräch bei Ministerpräsident Koch
Ministerpräsident Roland Koch begrüßte neben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf Seiten der Landesregierung die Vertreter der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler und hier insbesondere den BdV-Landesvorsitzenden Alfred Herold. Er nannte es eine gute und sorgfältig gepflegte Tradition seit einem Jahrzehnt, sich zu Beginn des Jahres in diesem Kreis zu treffen. Das stabile finanzielle Niveau werde diesen Politikbereich auch in Zukunft prägen. Dies gelte für die Kulturarbeit der Heimatvertriebenen als auch für die intensive Zusammenarbeit mit den Russlanddeutschen.
Der Ministerpräsident zitierte aus der in Hessen verabredeten Koalitionsvereinbarung und seiner Regierungserklärung vom 18.2.1009. „Die Festlegungen, dass wir erneut eine Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler berufen, den Landesvertriebenenbeirat weiter unterstützen und die Patenschaften des Landes weiter stärken werden, waren wichtig und richtig. Ich danke Frau Ziegler-Raschdorf, dass sie das Amt der Landesbeauftragten in der Nachfolge von Rudi Friedrich übernommen hat. Die Einrichtung und Berufung einer Landesbeauftragten hat sich als Bindeglied zwischen Regierung und Verbänden sowie bei der Intensivierung der Integrationsarbeit für Spätaussiedler bewährt“, so Roland Koch.
Die Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sei sicher ein schwieriges Kapitel in der Berliner Regierungskoalition. Die BdV-Präsidentin Erika Steinbach habe nach den Äußerungen des Bundesaußenministers Vorschläge gemacht, wie die Arbeit der Bundesstiftung gesichert werden kann. Er habe es begrüßt, dass die Berliner Koalition nunmehr vereinbart habe, in der Angelegenheit voranzukommen und die Fraktionsvorsitzenden beauftragt wurden, zeitnah Lösungen zu finden. „Der Bund der Vertriebenen hat in der Diskussion dafür gesorgt, dass moderate Töne vorherrschen und von daher auch das Recht, sich einzubringen und Einfluss auszuüben“, so der Ministerpräsident.
Der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Alfred Herold, dankte dem Ministerpräsidenten und der Hessischen Landesregierung für die finanzielle und ideelle Unterstützung und betonte, dass sein Verband ohne die Unterstützung seine Ziele nicht hätte erreichen können. In diesem Zusammenhang nannte er den zentralen Tag der Heimat und die Veranstaltungen beim Hessentag, bei denen durch die Anwesenheit des Ministerpräsidenten eine große öffentliche Resonanz erreicht werden konnte und bat um die gleiche Mithilfe auch im Jahr 2010. Zum Thema Bundesstiftung erbat der Landesvorsitzende die Unterstützung der Landesregierung und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass es zu einer Einigung kommen werde.
In der Folge machte Dr. Herfried Stingl Ausführungen zum Thema Lehrerhandreichung, Lehrpläne, Schulbücher und äußerte sich zum Thema Heimatstuben. Johann Thießen befasste sich mit dem neuen Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung von Spätaussiedlern, dem Projekt der Multiplikatorenschulung, dem Projekt in der Fördereinrichtung für junge Zugewanderte in Hasselroth sowie mit der Anerkennung der Berufsabschlüsse für Spätaussiedler. Rosa Emich berichtete über das Projekt in der JVA Hünfeld, das auf großes Interesse gestoßen sei.
Die Fragenkomplexe wurden von Ministerpräsident Roland Koch, Staatsministerin Dorothea Henzler, Staatssekretärin Müller-KIepper und der Landesbeauftragten Ziegler-Raschdorf umfassend beantwortet.
Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf stellte fest, dass die Landesregierung in den Vertriebenenverbänden und Landsmannschaften starke Partner hat. Umgekehrt gelte allerdings ebenso, dass die Verbände eine besondere Unterstützung durch die Hessische Landesregierung erfahren, was sich auch an der Verdreifachung der Landesmittel seit 1999 zeige. Von Bedeutung sei auch ihre Berufung zur Landesbeauftragten wodurch sichergestellt sei, dass wichtige Fragestellungen der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler regelmäßig auf den Tisch kämen.
Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene sei bezüglich der Berufsabschlüsse der gesetzliche Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren festgestellt und beschrieben, dass das Verfahren einfach, transparent und nutzerfreundlich gestaltet werden soll und eine Erstanlaufstelle angestrebt wird. „Dieser Problematik will ich mich in Zukunft besonders annehmen und verweise aktuell auf die Eckpunkte der Bundesregierung vom 9.12.2009“, so die Landesbeauftragte.
Kultusministerin Dorothea Henzler stellte fest, dass das Amt für Lehrerbildung versuche, bei der Anerkennung der Abschlüsse von Lehrern möglichst großzügig zu sein. Bei den Lehrplänen würden zukünftig weniger Themen vorgegeben und stattdessen Bildungsstandards und Kerncurricula genannt. Selbstverständlich würden die neuen Bildungsstandards den Verbänden zur Anhörung gegeben. Bei den Schulbüchern werde darauf geachtet, dass das Thema Flucht und Vertreibung Berücksichtigung finde und nicht hinten runter falle. Sie sei gerne bereit, mit dem Kulturausschuss des Landesbeirates ein Gespräch zu vereinbaren, an dem auch die Fachleute aus ihrem Haus teilnehmen sollten.
Staatssekretärin Müller-Klepper erinnerte daran, dass in diesem Jahr des 60. Jahrestages der „Charta der Heimatvertriebenen“ gedacht werde. Hier könne ein Veranstaltungskonzept gemeinsam auf den Weg gebracht werden. Ebenso wichtig seien aber auch die dauerhaften Einrichtungen, wobei die Heimatstuben eine besondere Funktion bei der Bewahrung der Kulturgüter hätten. Sie selbst kenne die Heimatstube Rothmühl in ihrer Heimatgemeinde Oestrich-Winkel aus eigener Anschauung. Im Sommer sei eine Umfrage der 40 Heimatstuben in Hessen gestartet worden, bei der sowohl der Bestand als auch die zukünftigen Absichten erfragt werden sollen. Der Museumsverband Kassel habe den Auftrag, die Umfrage auszuwerten und eine Konzeption zu erarbeiten. Man sei auf einem guten Weg und könne in den nächsten Monaten mit Ergebnissen rechnen. Weiter machte sie Ausführungen zur nachholenden Integration der Spätaussiedler und ging insbesondere auf die Fördereinrichtung für junge Zugewanderte in Hasselroth ein.
Die Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf zog abschließend eine positive Bilanz für das Jahr 2009. „Mein erstes Neujahrsgespräch hat mir gezeigt, dass Heimatvertriebene und Spätaussiedler einen politischen Schwerpunkt in Hessen bilden und die Hessische Landesregierung fest an ihrer Seite steht“, so die Landesbeauftragte am Ende des Neujahrsgespräches.