Union der Vertriebenen - Landesverband Hessen

Informationsbesuch im HIV Center des Klinikums der J.W. Goethe-Universität Frankfurt

Bei einem Besuch im HIV-Center des Klinikums der J. W. Goethe-Universität Frankfurt informierte sich die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Margarete Ziegler-Raschdorf auf Initiative der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kordula Schulz-Asche von Bündnis 90 / Die Grünen gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten sowie der Ausschussvorsitzenden des Unterausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung Gudrun Osterburg (CDU) über das Projekt „HELPING HAND“. Projektleiterin Dr. Gabriele Nisius und Claudia Weigt vom Projektmanagement führten durch das Haus und informierten ausführlich über ihre Arbeit.

Laut Dr. Gabriele Nisius gibt es das bisher in Deutschland einmalige Pilotprojekt HELPING HAND am HIV Center der Frankfurter Uni-Klinik seit Juli 2009. Ziel des Projektes sei es, die Versorgung von Patienten mit Migrations- und Spätaussiedlerhintergrund dem allgemeinen gesundheitlichen Standard anzupassen und damit die Voraussetzungen für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Deutschland entscheidend zu verbessern. Gerade bei der Behandlung einer HIV-Infektion sei die Therapietreue der Patienten von außerordentlicher Wichtigkeit. Nur wer die Medikamente regelmäßig einnehme, wer regelmäßig seinen Gesundheitszustand überprüfen lasse, um die Therapie entsprechend anzupassen, könne davon ausgehen, kontrolliert mit der Krankheit leben zu können. In den letzten zehn Jahren hätten sich die Therapiemöglichkeiten enorm verbessert, so könne mittlerweile von einer nahezu normalen Lebenserwartung der Erkrankten ausgegangen werden, sofern diese regelmäßig therapiert würden. Dabei entfalle der größte Aufwand der Therapie auf die Medikamentenkosten in Höhe von 800 bis 1400 Euro pro Monat.

Beim Umgang mit HIV - und AIDS - Erkrankten komme erschwerend hinzu, dass in den Herkunftsländern und in den jeweiligen Communities HIV und AIDS ein Tabuthema seien. Infizierte Menschen müssten befürchten, aus ihren Gemeinschaften ausgeschlossen zu werden. Das fördere nicht den offenen Umgang mit der Krankheit, sondern führe eher zu Verschlossenheit und sozialem Rückzug. Es liege auf der Hand, dass das Verschweigen oder ein „nicht wissen wollen“ der eigenen Erkrankung die Ansteckungsgefahr vergrößere und gleichzeitig den Aufbau einer dringend notwendigen Prophylaxe behindere.

Die Projektleiterinnen berichteten, dass bei Patienten aus Osteuropa eine HIV-Erkrankung zu rund 75 % auf eine Drogenproblematik zurückgehe, während in Westeuropa und Afrika zu 50 % ein sexueller Hintergrund zugrundeliege und zu 50 % eine Drogenproblematik.

Das HIV-Center der Uni-Klinik Frankfurt ist eines der größten deutschen Behandlungszentren für Menschen mit HIV und AIDS. Aufgrund der langjährigen Erfahrung und der intensiven Zusammenarbeit mit den Patienten verfügen die MitarbeiterInnen über einen speziellen Zugang gerade auch zu Patienten aus außereuropäischen Ländern.

Die Projektverantwortlichen freuten sich, dass im Rahmen von HELPING HAND jetzt erstmals eine Schulung angeboten werden könne, die auf den betroffenen Personenkreis aus außereuropäischen Herkunftsländern zugeschnitten sei. Bereits erfolgreich integrierte und bilinguale Menschen aus den gleichen Kulturkreisen würden in fünf Tagesveranstaltungen als zukünftige Experten eine Einführung in medizinische Fragen, über Infektionskrankheiten und chronische Krankheiten rund um das Themengebiet HIV / AIDS erhalten, damit sie anschließend in ihren Communities als Multiplikatoren aufklärend und Patienten-begleitend wirken können. Ein weiterer Schwerpunkt der Schulung sei die Prävention und in diesem Zusammenhang die Information bezüglich Übertragungsrisiken und Fragen der Ernährung. Im Rahmen der Schulung würden die Teilnehmer didaktisch darauf vorbereitet, die gewonnenen Kenntnisse weiterzuvermitteln – sei es in Veranstaltungen in ihrer Community oder in unterschiedlichen begleitenden Angeboten für die neuen Patienten. Die erste Schulung von sechs TeilnehmerInnen sei erfolgreich beendet und aktuell werde die zweite Gruppe geschult. Die Teilnehmer würden mit einem Zertifikat ausgezeichnet.

Die Kosten für das Projekt belaufen sich in drei Jahren auf 450.000 Euro, sie werden zur Hälfte vom Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa und zur anderen Hälfte vom Klinikum der J.W. Goethe-Universität, dem Amt für Gesundheit der Stadt Frankfurt, den Pharmafirmen Abbott, Bristol-Myers-Squibb und Gilead sowie dem Verein Freunde der HIV-Ambulanz finanziert. Für die Zukunft sei vorgesehen, zusätzlich einen Deutschkurs anzubieten, für dessen Finanzierung noch Unterstützung nötig sei. Frau Dr. Nisius bat darum, Kontakte mit Stiftungen herzustellen, um die Finanzierung des gesamten Projektes auch langfristig abzusichern.

Landtagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche verwies auf eine Anhörung im Unterausschuss für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung des Hessischen Landtags im Jahr 2005, die sich mit den Themen Drogen und HIV im Bereich der Spätaussiedler beschäftigt habe. Das Projekt HELPING HAND passe in diesen Rahmen und nehme die aktuellen Entwicklungen auf. Auch aufgrund ihres eigenen beruflichen Werdeganges sei sie an diesem Thema besonders interessiert.

Die Vorsitzende des Unterausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung, Frau Landtagsabgeordnete Gudrun Osterburg, schlug vor, im Unterausschuss über das Projekt zu berichten und die Projektvertreter bei einer eventuellen späteren Anhörung zu dem Thema in den Ausschuss einzuladen.

Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf dankte für das Gespräch und die vielfältigen Informationen. „Ich unterstütze das Projekt HELPING HAND und würde es begrüßen, wenn die Präventionsarbeit des Projekts auch nach 2012 weitergeführt werden könne. Gerne will ich auch Stiftungen zu Fragen der Finanzierung ansprechen“, so die Landesbeauftragte. Sie betonte, dass eine wirkungsvolle Therapie von HIV- Erkrankungen die eine Seite sei, parallel dazu wirksame allgemeine Präventionsmaßnahmen allerdings gleichermaßen notwendig und sinnvoll. Einerseits für jeden von der Krankheit bedrohten Patienten selbst, andererseits auch zur Vermeidung der hohen Therapiekosten. Abschließend schlug sie vor, Kontakte zur Landsmannschaft der Deutschen aus Russland und zur Deutschen Jugend aus Russland zu knüpfen, damit diese Verbände das Projekt kennenlernen und geeignete Personen für die Mitarbeit im Projekt und für die Schulungen nennen können.