Rudolf Friedrich: „Wer Egerländertradition ignoriert macht Europa`s Kultur ärmer“
Gleichzeitig dankte er den Egerländern dafür, dass sie am gesellschaftlichen Aufbau unseres Landes tatkräftig mitgewirkt haben. „Ihr Gmoi-Vorsteher Toni Tumpach, der seit 30 Jahren Vorsteher des Verbandes ist, ist ein Vorbild und ihm spreche ich stellvertretend für viele Dank und Anerkennung aus“, so Friedrich.
In seiner Festrede ging Landesbeauftragter Friedrich weiter auf folgende Punkte ein:
Egerländer Tradition steht für Kulturvielfalt Europas
Die Hessische Landesregierung unterstütze nachhaltig die ostdeutsche Kulturarbeit, zu der die sudetendeutsche und damit auch die Egerländer Kultur gehöre. Brauchtum und Pflege der Egerländer Tradition sei ein wichtiger Teil der Kulturvielfalt Deutschlands und Europas. Kultur hat ein Völker verbindendes Element. Gemeinsames kulturelles Erbe könne eine Brücke des Verstehens sein. Es bildet Vertrauen und führt zur Verständigung. Im Zusammenleben von Deutschen und Tschechen könne man auf eine 800 Jahre gemeinsame Geschichte zurück blicken. Es sei auch eine Zeit des Entwickelns der gemeinsamen Kultur über Jahrhunderte gewesen, auf die man sich besinnen sollte.
Egerländer Gmoi`n gibt es seit über 100 Jahren
Egerländer Gmoin gebe es seit 1907, in Frankfurt am Main seit 1909. Nach der Vertreibung hatten diese Gmoin neue Aufgaben. Deswegen sei es aber auch wichtig, das Heimatbewusstsein im positiven Sinne zu pflegen und das kulturelle Erbe zu erhalten, wie es die Egerländer Gmoi ´z Rodgau in vorbildlicher Weise vormache.
Kulturelle Vergangenheit nicht vergessen
Denn niemand, der aus seinem Land vertriebenen wurde, habe die Verpflichtung, seine Vergangenheit zu vergessen. Und diejenigen, die die Vertriebenen aufgenommen haben, sind sehr wohl verpflichtet, auch diese Vergangenheit, die Wurzeln und das Erbe zu schützen sowie dessen Pflege zu ermöglichen. „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“, so der Landesbeauftragte.
Egerland ist mehr als das bekannte Bäderdreieck
Komme man auf das Egerland zu sprechen, glauben viele schlechthin, es in den engen Rahmen des Bäderdreiecks Karlsbad-Franzensbad-Marienbad einzwängen zu müssen, ohne zu wissen, dass es im weitesten Sinne jenen Teil Westböhmens ausmacht, dessen letzte reichische Einheit der Regierungsbezirk Eger gewesen ist, der eine Gebietsfläche von rund 7.466 qkm umfasste und über 800.000 deutsche Bewohner hatte. Wer als Romantiker durchs Land zieht, könne sich erfreuen an den bizarren Gebilden des Hans-Heiling-Fels im Egertal. Wer aber als Kunstkenner ins Land kommt, wird sich verlieben in die ehrwürdige Doppelkappelle der Egerer Kaiserburg oder in die barocke Maria-Magdalena-Kirche von Karlsbad. Wer dagegen auf Spuren bedeutsamer Dichter und Denker wandeln will, der könne sich an der von Anastasius Grün besungenen Moorlandschaft von Franzensbad ebenso erfreuen wie an Elbogen, Karlsbad oder Marienbad. Und der große Dichter Goethe sagte über die Egerländer: „ Es ist ein wackeres, abgeschlossenes Völkchen. Ich habe die Egerländer wegen ihrer beibehaltenen Kleidertracht, die ich in früheren Jahren wahrnahm, liebgewonnen“. Goethe schätzte das Egerland als europäische Kulturlandschaft.
Kulturelle Identität wahren
Ein Jahrtausend deutsche Kultur im Osten ist Teil unserer Geschichte und gehört untrennbar zur kulturellen Identität aller Deutschen. Der Beitrag der Sudetendeutschen und damit auch der Egerländer zur Kultur und Geschichte der Deutschen muss gleichrangig neben dem Hessens stehen. Es sei daher unser aller Aufgabe, dieses Kulturerbe zu wahren und weiterzuentwickeln. Das sind wir den deutschen Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern auch aufgrund ihres schweren Schicksals aus nationaler Solidarität schuldig. Mit ihrer Arbeit haben die Heimatvertriebenen eine Brückenfunktion in vielfältiger Weise ausgeübt. Sie sind – ohne ihre Vergangenheit aufzugeben – ein wesentlicher Teil unserer heutigen Gesellschaft geworden. Engagiert würden die Egerländer helfen, das Kulturgut ihrer Heimat als wichtiges deutsches und europäisches Kulturgut zu bewahren.
Bund und Länder seien nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes insbesondere verpflichtet, das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein des gesamten Deutschen Volkes zu erhalten und die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern. Es gehe im Wesentlichen auch darum, das kulturelle Erbe des deutschen Ostens im Bewusstsein der Menschen zu bewahren, wobei es um die Kultur aller Deutschen gehe. Die lokalen Heimatregionen wie das Egerland gehörten dazu, sie seien Teil dieser gesamtdeutschen Kultur.
Kultur und Geschichte der Vertreibungsgebiete sind Teil deutscher Kultur
Die Kultur und die Geschichte der Vertreibungsgebiete und Siedlungsgebiete seien unlösbarer Teil deutscher und europäischer Kultur und Geschichte und daher nicht allein Aufgabe der Vertriebenen und Flüchtlinge.
Deshalb habe die hessische Landesregierung die Haushaltsansätze für die Ostdeutsche Kulturarbeit und die Unterstützung der Verbände und Landsmannschaften seit 1999 verdreifacht. „Daran können auch die Egerländer erkennen, dass für die Landesregierung die Förderung der ostdeutschen Kultur eine wichtige Aufgabe ist und ernste Verpflichtung bleibt“, so Rudolf Friedrich abschließend.